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Beitrag vom 07.05.2015
Hedi Schneider steckt fest. Kinostart: 07. Mai 2015
Clarissa Lempp
Hedi Schneider ist gefangen - erst nur im Aufzug, dann auch im Kopf. Regisseurin Sonja Heiss erzählt von einer lebensfrohen Frau, die sich mit einer klinischen Depression konfrontiert sieht
Hedi Schneiders (Laura Tonke) kleine Familie bewegt sich fröhlich und mit viel Fantasie durch den Alltag. Die Liebe zu Mann Uli (Hans Löw) ist spürbar, ebenso wie das Glück über den gemeinsamen Sohn Finn. Eigentlich eine Bilderbuch-Idylle des coolen Berlin-Archetyps, der erwachsen geworden ist. Doch dann steckt Hedi plötzlich fest. Zuerst im Aufzug, und dann in ihrem Kopf. Nach dem Selbstmord eines Arbeitskollegen ist für Hedi die Welt auf einmal unerträglich. Bald wird klar, die lebensfrohe Hedi hat eine ernsthafte Depression. Mit voller Kraft steht Uli für sie ein, kontrolliert ihre Medikamenteneinnahme, sorgt für Finn und versucht seine Hedi nicht zu verlieren. Aber so fragil wie Hedis Gemütszustand ist, so fragil ist auch die Liebe. Für Uli wird es immer schwerer sich neben Therapien, Haushalt und den eigenen geplatzten Träumen treu zu bleiben, während Hedi mal rastlos, mal lustlos durch die Stadt und ihr altes Leben geistert. Zwischen Pillen, Ängsten und Panikattacken versuchen Hedi, Uli und Finn ihr kleines Glück aufrecht zu erhalten.
Während der Berlinale 2015 outete sich Miranda July als Sonja Heiss-Fan. Auf den Kanälen der sozialen Netzwerke, machte sie auf den zweiten Spielfilm der deutschen Regisseurin aufmerksam, der eben auch im Berlinale Programm lief. Sonja Heiss´ Perspektive ist auch gar nicht weit von Miranda Julys humorvollen Selbstreisen entfernt. Bereits mit ihrem Debüt "Hotel Very Welcome" fand Heiss damit auch international Anerkennung. Mit "Hedi Schneider steckt fest" ist die Regisseurin nach einem viel gelobten Kurzgeschichtenband wieder an das Filmset zurück gekehrt.
Das ernsthafte Thema einer ausgeprägten Depression geht Heiss mit viel Leichtigkeit an, ohne die Figuren ins Lächerliche zu ziehen. Das liegt auch an der fantastischen Besetzung von Laura Tonke und Hans Löw, die das Maß zwischen liebevollen und schrulligen Eigenschaften der Charaktere ausgewogen halten. Dass Heiss sich dem Thema so sensibel und gleichzeitig amüsant annähert, mag auch an ihrer eigenen Erfahrung mit Angststörungen liegen. Ihr sei es vor allem wichtig, so Heiss, zu zeigen, dass auch positive und lebensfrohe Menschen von psychischen Krisen getroffen werden können.
AVIVA-Tipp: Hedi Schneider ist eine komische und gleichzeitig berührende Filmheldin, wie sie selten im deutschen Kino zu finden ist. Ein wunderschön leichtes und doch zärtliches Porträt von Liebe und Angst, das unbedingt sehenswert ist.
Hedi Schneider steckt fest
Deutschland/ Norwegen 2015
Regie: Sonja Heiss
DarstellerInnen: Laura Tonke, Hans Löw, Leander Nitsche u.a.
Länge: 92 Minuten
Start in deutschen Kinos: 07.05.2015
Homepage zum Film www.hedi-schneider.com
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Interview mit Regisseurin Sonja Heiss zu ihrem ersten Spielfilm "Hotel Very Welcome"
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